Episode 401
“America the Beautiful”
(Die neue Welt)
Drehbuch: Matthew B. Roberts & Toni Graphia
Regie: Julian Holmes
“When my body dies,
my soul will still be yours.
Nothing is lost, Sassenach.
Only changed.”
(Jamie Fraser)
ACHTUNG: Der folgende Text enthält Spoiler. Nicht nur Spoiler zur Serie und der aktuellen Folge, sondern auch zu allen Büchern von Diana Gabaldon, die bis zum heutigen Datum erschienen sind.
Fast ein Jahr ist es her, dass das phänomenale Staffelfinale der dritten Staffel von Outlander über die Mattscheibe flimmerte. In den vergangenen 47 Wochen Droughtlander haben wir (oder wohl eher Starz) uns mit kleinen Schnipseln, Videos und Ausblicken auf Season 4 über Wasser gehalten. Und nach einer gewaltigen langen Durststrecke von exakt 329 Tagen können wir endlich sagen: Droughtlander ist vorüber, es lebe Outlander 4.0!
Diese Folge beschert uns seit Ausstrahlung der ersten Folge bereits zum sechsten Mal veränderte Opening Credits, die mit Bildern passend zu der Handlung aus Staffel 4 und einem, an das Thema Amerika, angepassten Sky Boat Song daherkommen.
Ich liebe das “Wilmington” Set, das Jon Gary Steele mit seinem Set Departement erschaffen hat und auch die Kostüme, besonders die Kleider von Claire, sind wieder wundervoll. Terry Dresbach ist und bleibt für mich eine der herausragendsten Kostümdesignerinnen und ich bedaure es immer noch sehr, dass sie ab Staffel 5 nicht mehr dabei sein wird, um uns mit ihren Kreationen zu verzaubern. Verzaubert hat mich Terry in dieser Woche vor allem mit Claires Schal, den diese in der “American Dream” Szene trägt und mit Claires Kleid beim Gouverneurs Dinner. Wer von euch hat ebenfalls erkannt, dass Jamies Weste aus Pariser Zeiten und der Ledermantel seines Vaters das Schiffsunglück überstanden haben? Ich freue mich immer sehr, wenn ich solche Kleinigkeiten entdecke und ich mag es, dass Bear in emotionalen Szenen zwischen Jamie und Claire mit deren Theme auch in dieser Folge nicht knausert. Unbedingt erwähnen muss ich noch Claires Medizinkästchen, das sie von Jamie geschenkt bekommt. Ist es nicht wundervoll und mit so viel Liebe zum Detail vom Art Departement gefertigt? Als ich die Nahaufnahmen bei Outlander Community gesehen habe, hat es mich vor Verzückung fast umgehauen (Fotos und Infos zu dem Medizinkästchen). Wo biite kann man es käuflich erwerben? Ich möchte auch eins, unbedingt!
Es ist die erste Staffel, bei der nicht Ron das Drehbuch zur Eröffnungsfolge geschrieben hat. Diese Ehre wurde meinem persönlichen Dreamteam unter den OL-Drehbuchautoren zuteil und ich bin sehr dankbar, dass Matthew B. Roberts und Toni Graphia es (mal wieder) geschafft haben, eine gute und interessante Folge auf die Beine zu stellen. Übrigens sind Matt und Toni die einzigen Drehbuchautoren, die von Anfang an im Writers Room dabei gewesen und die uns über all die Jahre erhalten geblieben sind.
Diese Episode ist zwar nicht so rasant, spannend, mystisch und atemberaubend wie das grandiose Staffelfinale im letzten Jahr (übrigens haben auch hier Matt und Toni das Drehbuch geschrieben) aber diese Folge ist solide und macht genau das, was eine Eröffnungsepisode machen soll. Sie führt uns Zuschauer in das Geschehen (wieder) ein, stellt uns die neue und veränderte Situation vor, präsentiert den einen oder anderen neuen Handlungsstrang und last but not least lernen wir neue Charaktere kennen. Das alles schaffen die Drehbuchautoren mit dem nötigen Fingerspitzengefühl für Zeit und den Verlauf der Story. Die Folge und die Charaktere kommen entspannt und ruhig daher, obwohl diese Episode inhaltlich einen Berg an Informationen verarbeitet, wenn man überlegt, was alles in diesen 60 Minuten passiert.
Die Folge beginnt mit einer rituellen Zeremonie an einem Steinkreis in Amerika im Jahre 2000 vor Christus. Was mir sofort bei dieser Szene einfällt, ist, dass es eine kleine Hommage an Master Raymond sein könnte, der ja laut Diana ein prähistorischer Zeitreisender ist. Auch ist es ein sehr guter Weg zu zeigen, dass es nicht nur in Schottland Steinkreise gibt, denn (aufgepasst Nicht-Buchleser!) das wird im späteren Verlauf noch wichtig. Ich mag Claires Voiceover in dieser Szene und den Kreis als Symbol für so viele Ereignisse in ihrem Leben. “And I more than most know full well just how a circle can affect one’s life. Or death.”, sagt Claire und die damit verbundene Überleitung vom Steinkreis zum Henkersstrick ist perfekt gelungen.
Die Folge setzt mit ihrer Handlung genau da an, wo auch Dianas Roman “Der Ruf der Trommel” beginnt und bedauerlicherweise werden wir Zeuge von Hayes Hinrichtung. Die Trommeln, die in der Eröffnungsszene gespielt werden, erinnern mich sehr daran, wie Diana die Geschehnisse in Band 4 beschreibt. Jamie erfüllt schweren Herzens Hayes letzte Bitte und so ist ein lächelnder MacDuh das Letzte was Hayes in seinem Leben sieht. Wieder einmal, und leider schon viel zu oft, hat Jamie einen Freund und einem ihm treu ergebenen Mann verloren und seine tränengefüllten Augen, zusammen mit seinem schmerzvollen Blick auf Hayes Leiche, lassen keinen Zweifel daran, dass es ihn jedesmal wieder tief erschüttert.
Während der Ereignisse um Hayes Hinrichtung können wir einen kurzen Blick auf einen neuen und nicht ganz so unwichtigen Charakter werfen. Herzlich Willkommen in Clan Outlander Ed Speleers, alias Stephen Bonnet (Infos zum Castingprozess)!
Die nächste Szene spielt in der Taverne, in der sich die Frasers nach Hayes Hinrichtung zurückgezogen haben. Lesleys gälisches Caithris (übersetzt bedeutet es in etwa so viel wie “ein letztes Glas im Stehen”) an seinen verstorbenen Freund ist hier sehr passend in Szene gesetzt. Die Tatsache, dass alle Anwesenden in der Taverne das Lied mitsingen können, zeigt uns Zuschauern auf eine sehr einfache Art und Weise, dass Jamie und seine Liebsten von Schotten und ein Stück Heimat umgeben sind.
Die Szene zwischen Jamie und Ian auf dem Friedhof ist in meinen Augen sehr gut umgesetzt. Ausgelöst durch Ians Flashback an die in Blut badende Geillies, spricht Jamie mit seinem Neffen über die Dinge, die diesem in der Gefangenschaft widerfahren sind. Der Dialog ist fast wortwörtlich aus “Ferne Ufer” (Kapitel 62 “Abandawe”) übernommen, wird aber in der Serie erst jetzt gezeigt und ich finde, er passt wundervoll hierher. Ich bin froh, dass diese Sequenz, so wie ursprünglich geplant, nicht geschnitten wurde, denn sie zeigt die enge Bindung und das große Vertrauen zwischen Ian und seinem Onkel. Ian findet bei Jamie das, was er in seiner Situation mehr als alles andere braucht, Verständnis, denn auch wenn er es nicht im Ansatz ahnt, gibt es in seinem Umfeld wohl niemanden, der ihn besser verstehen kann, als sein Onkel. Jamie weiß, was es heißt, Opfer von sexueller Gewalt zu werden und auch noch Jahrzehnte danach an den Folgen zu leiden. Wenn Ian seinen Onkel fragt, ob er auch schon einmal gegen seinen Willen bei jemanden gelegen hat, liegt in Jamies Antwort “I have” all das Grauen, das ihm damals in Wentworth widerfahren ist. Sams Mimik sagt mehr als tausend Worte und ich glaube, für einen kurzen Augenblick befindet sich Jamie wieder mit BJR in diesem Kerker. “It’s not your fault, lad. Ye did what ye must and survived. That’s all that matters.” sagt Jamie nachfolgend zu Ian und es sind ähnliche Worte, die auch Claire damals nach Wentworth zu ihm gesagt hat. Wie oft hat Jamie in den vergangenen Jahren diese Worte für sich wiederholt, wenn die Schatten der Vergangenheit ihn wieder einmal eingeholt haben und wie oft wird Ian sie zu sich selbst sagen müssen, bis er mit dem, was Geillies ihm angetan hat, zurechtkommen wird?
Diese Szene ist nur eine von vielen in dieser Episode, in denen mir Sams Schauspiel außerordentlich gut gefällt, denn es ist unverkennbar Jamies Folge. Sie zeigt ihn in allen Facetten seines Charakters: Jamie als Beschützer seiner Männer, Jamie als liebevoller Ehemann, Jamie als stolzer Vater und werdender Großvater und nicht zu vergessen Jamie als strategischer Denker. Wir alle wissen, dass immer dann das Beste von James Alexander Malcolm MacKenzie Fraser zum Vorschein kommt, wenn er seiner Bestimmung folgen kann, die da lautet, über seine Liebsten zu wachen und seine Männer in seiner einzigartigen und unverwechselbaren Jamie-Art zu führen.
In der nächsten Szene hat Stephen Bonnet seinen ersten großen Auftritt und Ed Speleers meistert diesen hervorragend. Er trifft die charmante, charismatische und manipulative Art von Bonnet auf den Kopf und es macht den Eindruck, dass Ed sich in seiner Rolle sehr wohl fühlt. Wieder einmal eine Rollenbesetzung zu der ich dem Casting Department nur gratulieren kann.
Hand aufs Herz: Wer von euch hat nicht auch bei Bonnets Worten “I won’t bother you again…You have my word.” so etwas wie Mistkerl oder elender Lügner auf den Lippen gehabt?
Die anschließende Sequenz, in der die britischen Soldaten den Wagen von Jamie und Claire inspizieren, ist fast eins zu eins aus dem Buch entnommen. Auch das, was Bonnet Claire über seine Angst vor dem Ertrinken erzählt, kommt der Buchfassung sehr nahe. Allerdings erzählt es Bonnet dort Brianna und nicht Claire und auch nicht in Buch 4, sondern erst in “Ein Hauch von Schnee und Asche”. Warum jetzt und hier kann ich nicht sagen und wie es Ereignisse im Verlauf der Serie beeinflussen wird, auch nicht. Wir werden sehen! Aber eine wichtige Information liefert diese Szene trotzdem: Bonnet fühlt sich von Ringen angezogen und das bekommt Claire später am eigenen Leib zu spüren.
Die folgende Szene, in der Jamie und Claire ihr Nachtlager aufgeschlagen haben, ist sehr romantisch. Nein, ich meine nicht den Sex, den kann (fast) jeder. Ich meine Jamies Worte, die er zu Claire sagt: “When my body dies, my soul will still be yours. Nothing is lost, Sassenach. Only changed.” Ich liebe diese Szene aus Kapitel 16 “Der erste Hauptsatz der Thermodynamik” und empfinde diesen privaten und an Normalität grenzenden Moment der Frasers als ein seltenes und daher willkommenes Geschenk der Serienverantwortlichen für uns Zuschauer. Nach all den emotionalen Achterbahnfahrten der ersten drei Staffeln ist es sehr schön, Jamie und Claire so entspannt und ungezwungen miteinander zu sehen und sie als liebendes Paar, das die Gegenwart des anderen genießt, wahrzunehmen. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Folgen noch viele solcher kleinen Highlights sehen werden können, bevor mal wieder bei unseren Protagonisten die Hölle losbricht.
Auch der nächste Morgen, in der Claire Jamie erklärt, was Amerika für Chancen bietet und was es bedeutet, in diesem Land leben zu können und den amerikanischen Traum zu verwirklichen, ist gut gelungen. Die Landschaft ist atemberaubend schön (und hinter den Bäumen liegen wirklich “more trees”) und ich kann es kaum glauben, dass das wirklich nicht Amerika, sondern “nur” Schottland (plus ein bisschen CGI) ist.
Die Szene, in der sich Jamie und Claire für die Dinnerparty bei den Lillingtons umziehen, setzt das fort, was wir schon seit Beginn dieser Folge sehen konnten: Jamie und Claire als glückliches, zufriedenes und liebendes Paar, dessen Umgang miteinander keinen Zweifel an ihrem Beziehungsstatus lässt: “Vom Universum schon immer und für immer füreinander bestimmt”
Matt und Toni haben es geschafft, die Dinnerparty auf ihre wichtigsten Inhalte herunterzubrechen und vergeuden keine Zeit mit uninteressantem Geplänkel. Apropos Dinnerparty: Wen von euch hat dieses Essen auch an dieses wundervolle Dinner aus Folge 204 “La Dame Blanche” erinnert? Wobei ich, ehrlich gesagt, zugeben muss, dass mich das Essen mit “Mark Me” mehr amüsiert hat.
Auch Jamies anschließende Gespräch mit North Carolinas Gouverneur Tyron enthält sehr interessante Fakten und wir Zuschauer bekommen mit, dass man in North Carolina ganz leicht Grundbesitzer werden kann, wenn man nur bereit ist, seine Loyalität den richtigen Leuten zu schenken. Trotz des Angebots von Tyron will Jamie nach Schottland zurückkehren und es ist sehr schön, dass er mit dem Vorhaben, eine neue Druckerpresse zu kaufen (wirklich schade, dass Bonnie im Feuer umgekommen ist), nicht nur für sich einen Plan hat, sondern auch an die Zukunft seiner Frau denkt. Er schlägt Claire vor, dass sie in Schottland als Heilerin arbeiten soll. Aber die Aussicht auf die unendlichen Möglichkeiten der Neuen Welt lassen die Frasers nicht unbeeindruckt und Jamies Gedanke in Amerika zu bleiben und zusammen mit Claire “a good land for Brianna” formen zu können, ist unser JAMMF, wie er leibt und lebt.
Die nächste Szene beginnt mit dem wohl heißersehntesten, niedlichsten und flauschigsten Charakter ever: “Rollo”. Mein Gott, was für ein wundervolles Tier, obwohl ich mir Rollo immer mehr zerzauster und im Style eines Straßenköters vorgestellt habe (nähere Infos zum Casting von Rollo). Wusstet Ihr übrigens, dass man für Dui (so heißt Rollo im wahren Leben) in der Überfallszene am Ende dieser Folge einen Stunt-Hund gebraucht hat, weil Dui sich geweigert hat, die Schauspieler anzufallen.
In der Taverne geben Jamie und Claire bekannt, dass sie beschlossen haben, in Amerika zu bleiben und ich liebe in diesem Zusammenhang Ians Aussage “That’s a FINE idea!”, vor allem die Art und Weise wie John Bell das Wort “fine” betont.
Der Moment in dem alle Anwesenden erfahren, dass Marsali schwanger ist, ist wirklich herzerwärmend und vermittelt mir ein Gefühl von Geborgenheit, Liebe und großem familiären Zusammenhalt. “Mama” Claires Blick, den sie Marsali kurz zuwirft, ist unbezahlbar, denn schließlich hat ihre Stieftochter sie doch erst vor ein paar Monate nach Verhütungsmethoden gefragt, weil sie unbedingt und gar keinen Umständen schwanger werden wollte.
Jamie, Claire, Ian und Lesley treten, wie geplant, ihre Schiffsreise von Wilmington nach River Run an, um Jamies Tante Jocasta zu besuchen.
Die Szene auf dem Boot in der Claire das Medizinkästchen von Jamie geschenkt bekommt, kommt etwas unerwartet (im Buch macht er ihr dieses Geschenk zu einem späteren Zeitpunkt), aber sie fügt sich gut in den Dialog ein, den Jamie und Claire auch im Buch genauso auf dem Weg zu Jocasta halten. Ich freue mich, zwei meiner Lieblingsszene aus Band 4 so gefühlvoll ineinander verwoben zu sehen und Jamies Worte “24 years ago I married ye, Sassenach. I hope I haven’t ever given you cause to regret it.” berühren mich sehr, genauso wie der Moment, in dem Claire zu Jamie sagt, dass sie nichts mehr als den Ring, den er ihr vor so langer Zeit geschenkt hat, braucht. Jedem ist klar, dass für sie Jamies Ring das ultimative Symbol ihrer Liebe zueinander ist, denn dieser Kreis (wir sind wieder beim Thema aus der Eröffnungssequenz) hat kein Anfang und kein Ende, er ist unendlich, wie ihre Liebe zueinander. Diesen Ring hat Claire mehr als zwanzig Jahre lang in Boston als Erinnerung an die Liebe ihres Lebens getragen, dieser Ring hat sie in so manchen dunkeln Stunden aufrechtgehalten und sie war niemals in der Lage, ihn abzunehmen, so wie Frank in Folge 201 gehofft hatte.
Und wie aus dem Nichts (zugegeben, wir Buch-Leser wussten ja, dass das passiert) wird dieses heimliche Szenario zerstört, denn dieser unmoralische, von Grunde auf böse und niederträchtige Mistkerl Bonnet überfällt in der Nacht die Frasers und nimmt Claire das weg, was sie von allen Dingen, die sie jemals besessen hat, am meisten liebt. Oh, wie ich diesen Psychopathen (Dianas Wort über Bonnet, nicht meine) verabscheue und wie gut ich Claires Entsetzen nachempfinden kann, als sie realisiert, dass ihr “nur” Franks Ring geblieben ist. Für Bonnet ist es nur ein schneller und einfacher Raubzug, bei dem er ein paar Juwelen und Claires Ring an sich reißen kann, für Jamie und Claire aber bedeutet der Diebstahl der Edelsteine den Verlust aller finanzieller Sicherheit in der neuen Welt und der Verlust von Jamies Ring ist für Claire gleichzusetzen mit dem Verlust einem Teil ihrer Identität. Ganz zu schweigen, wie Jamie im Nachhinein mit dieser Situation umgehen wird, denn in seinen Augen konnte er seine Frau und seine Männer nicht beschützen und das ist für ihn die schlimmste Art und Weise als Ehemann, Beschützer und Laird zu versagen.
Die Schlussszene ist für mich wesentlich intensiver und brutaler, als ich es mir beim Lesen immer vorgestellt habe. Hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod. Was mich in diesen Minuten am meisten getroffen hat, ist es, mitanzusehen, wie unsagbar groß Claires Angst ist. Eigentlich bin ich es gewohnt, dass sie in fast jeder bedrohlichen Situation, in der sie sich in den vergangenen Folgen befunden hat, Frau ihrer Lage ist und immer einen Ausweg findet. Aber sie hier so aufgelöst und zitternd vor Angst zu sehen, ist sehr erschreckend und ich kann nichts anderes sagen, als dass mich Cait in dieser Szene dort abholt, wo sie soll. Ich kann Claires Todesangst und Verzweiflung spüren und meiner Meinung nach war es eine sehr gute Entscheidung, die Szene nonverbal, nur mit Musik unterlegt, zu senden, denn keiner der Protagonisten braucht Worte, um zu zeigen, was in ihm vorgeht. So kann man sich als Zuschauer auf das Wesentliche, die Grausamkeit dieses Überfalls konzentrieren und diese mitfühlen. Wie schon in Folge 304 “Of lost Things” greifen die Serienmacher zu einem modernen Song, um große Gefühle auszudrücken. Damals diente “A hard rain’s a-gonna fall” dazu, Jamies Schmerz über den Verlust von Willie zu untermalen. In diese Episode vermittelt der Song “America the Beautiful” (so übrigens auch der Episodentitel) von Ray Charles, dass Jamies und Claires amerikanischer Traum geplatzt ist. Der Song handelt davon, wie wunderbar Amerika ist und dass dieses Land so viele Möglichkeiten bietet und reflektiert all das, was sich Jamie und Claire noch ein paar Stunden zuvor auch erträumt haben. Doch obwohl gerade eine Lobeshymne an ihre neue Wahlheimat gespielt wird, passiert ihnen das genaue Gegenteil von dem, was sie sich gewünscht haben und sie erleben das gelobte Land von seiner dunkelsten Seite. Frei nach Gouverneur Tyron “There is the law, and then there is what’s done.”
Noch eine kleine Anmerkung: Toni erklärt in den Script Annotation, warum es Jamies Ring ist, den Bonnet nimmt und nicht Franks. Jamies Ring ist ein Unikat und sticht jemanden, der diesen Ring kennt, eher ins Auge, als ein einfacher Goldring. Und das ist etwas, das im Laufe dieser Staffel noch sehr wichtig wird, wie wir Buch-Leser wissen. Für mich macht diese Entscheidung total Sinn, denn ich habe mich immer gefragt, wie im Buch eine gewisse Person Franks einfachen Goldring beim ersten Hinsehen als diesen identifizieren konnte.
Die letzte Einstellung, wenn Jamie nach Bonnets Verschwinden, unter Deck geht, ist gut gelungen. Dadurch, dass Jamie an der Tür stehen bleibt und nicht sofort zu Claire rennt, bekommen wir Zuschauer einen Überblick über das Schlachtfeld, das Bonnet und seine Männer hinterlassen haben: Lesley tot am Boden, eine bis ins Mark erschütterte Claire und einen am Boden zerstörten Jamie. Die erste Folge endet mit dieser Einstellung und “America the Beautiful” hat sich heute nicht nur von seiner Schokoladenseite gezeigt und in meinen Ohren hallen Jamies Worte “A dream for someone can be a nightmare for others.” wieder.
In der nächsten Woche treffen wir und unsere Protagonisten auf Jocasta und ich bin schon sehr gespannt, wie sich die Ereignisse auf River Run entwickeln werden. Aber noch gespannter bin ich darauf, Jamie und Claire auf ihrem neuen Lebensabschnitt zu begleiten. Auch wenn der Start in dieser Folge etwas holprig und düster gewesen ist, weiß ich, dass sie es trotz aller Widrigkeiten schaffen werden, ihren Traum von einem Heim, einem Platz für sich und ihre Lieben zu erfüllen. Das ist nämlich ein zentrales Thema in “Der Ruf der Trommel”, aber es geht nicht nur um Zuhause, sondern auch um Familie und Jamies und Claires gemeinsames Leben, etwas das die beiden, obwohl sie fast 25 Jahre verheiratet sind, nicht kennen und ich gönne ihnen all das und noch viel mehr von ganzem Herzen. Auch wenn sie sich haben und eigentlich nicht mehr als das brauchen, um glücklich zu sein, kann ich es kaum erwarten, Frasers Ridge zu sehen. Dort können wir live und in Farbe miterleben, wie sich Jamies Traum von Familie, Heim und Laird-Sein endlich, nach all den langen und schweren Jahren, erfüllt.
Vielleicht ist Amerika doch das Land, das Träume wahr werden lässt, denn weder Jamie noch Claire hätten nach Culloden noch an eine gemeinsame Zukunft geglaubt.
Je suis prest für Folge 402!
@ Yvonne Pirch
Behind The Scences (Drehbuch, Videos, etc.) Folge 401
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